Linsenfehler und ihre Korrektur

Jedes rotationssymmetrische Feld, das wie eine Linse auf einen Elektronenstrahl wirkt, hat intrinsische Linsenfehler. Dieser Grundsatz wurde schon von Scherzer (Scherzer, Z. Phys. 101 (1936) 593 ) gezeigt.

Farbfehler

Die Bezeichnung Farbfehler wurde aus der Lichtoptik übernommen. Bedingt durch die Dispersion der Glaslinse hängt die Lage des Brennpunktes von der Wellenlänge (Farbe) des fokussierten Lichtstrahles ab. Wie auch jeder Lichtstrahl normalerweise aus Licht unterschiedlicher Wellenlängen besteht, haben auch die Elektronen, die aus der Elektronenquelle austreten, leicht unterschiedliche Energien. Es ist leicht zu verstehen, dass schnellere (energiereichere) Elektronen weniger stark von elektromagnetischen Feldern beeinflusst werden, so dass - analog zu Lichtstrahlen - auch hier die Lage des Brennpunktes von der Elektronenenergie abhängt. Man kann den Farbfehler verkleinern, indem man Elektronen einer kleinen Energiebreite und/oder eine hohe Beschleunigungsspannung verwendet. Bei schwachen Linsen hat der Farbfehlerkoeffizient in etwa dieselbe Größe wie die Brennweite. Bei starken Linsen entspricht er etwa dem 0.6-fachen der Brennweite. Starke Linsen sind dadurch gekennzeichnet, dass sich die zu untersuchende Probe innerhalb des Linsenfeldes befindet.

Öffnungsfehler

Bei Elektronenlinsen hängt die Brennweite vom axialen Abstand der Elektronenbahn von der optischen Achse ab. Physikalisch gesehen ist das eine Konsequenz der Tatsache, dass die Linsenfelder die Laplace Gleichung erfüllen müssen. Der Öffnungsfehlerkoeffizient hat etwa denselben Wert wie die Brennweite. Bei starken Linsen (Immersion der Probe im Linsenfeld) ist der minimale Wert des Fehlerkoeffizienten durch die halbe Brennweite gegeben. Je stärker die Linse, desto kleiner der Fehlerkoeffizient.

Koma und Astigmatismus

Falls der Elektronenstrahl außeraxial und/oder schief zur optischen Achse verläuft, tritt ein Komafehler auf. Das kann durch eine geeignete Justierung des Strahls vermieden werden.

Astigmatismus tritt in Folge von Konstruktionsfehlern auf. Er führt dazu, dass die Elektronenstrahlen in der sagittalen bzw. meridonialen Ebene unterschiedliche Brennweiten haben. Der Fehler kann durch einen sogenannten Stigmator beseitigt werden. Dessen Funktionsweise wird klar, wenn man das optische Analogon betrachtet. Axialen Astigmatismus kann man simulieren, indem man zu der rotationssymmetrischen Linse eine Zylinderlinse hinzufügt. In der Elektronenoptik montiert man zwei Quadrupole im Winkel von 45° zueinander, um den Astigmatismus zu beseitigen.

Korrektur von Farb- und Öffnungsfehler

Prof. Otto Scherzer war davon überzeugt, dass die Einführung nicht-rotationssymmetrischer Elemente in den Strahlengang der vielversprechendste Weg zur Kompensation der Linsenfehler wäre. Damit wäre eine der Voraussetzungen, die das Auftreten von Linsenfehlern unvermeidlich machen, beseitigt, siehe auch das "Scherzer Theorem". Ab dem Jahr 1948 entwickelte und konstruierte er zusamen mit seinen Mitarbeitern einen ersten elektrostatischen Korrektor, der im Wesentlichen aus drei Oktupolelementen zur Kompensation des Öffnungsfehlers bestand. Allerdings gelang es nicht, die Auflösung des Mikroskops zu verbessern, was an Instabilitäten im mechanischen Aufbau lag. Dennoch konnte gezeigt werden, dass der Korrektor den Öffnungsfehler der Objektivlinse kompensierte.

Um den Öffnungsfehler zu korrigieren muss man einen magnetischen Quadrupol und einen Oktupol kombinieren. Der Farbfehler kann durch die Kombination von elektrischen und magnetischen Quadrupolen korrigiert werden.